Löwe männl. 5 von Tobias Winter in Zusammenarbeit mit Irma Klaus und Robert Schardt
Konzept, Texte, Regie
.
Ein fünf Minuten Kuss, Knutschflecken, eine Malerin die die Farbe auf die Leinwand spuckt, ein junger Mann der sein Freies Kulturelles Jahr im Zoo ableistet, ein sprechender Löwe mit Selbstmordgedanken, eine Operndiva die einen viel zu jungen Freund hat und sich ständig in dem Plattenladen herumtreibt in dem Ihr Sohn, ein Rapper, sich mit seiner Klicke trifft. Außerdem ein stummer Ladenbesitzer und ein Putzmann der Gebärdensprache kann, und zu guter Letzt eine junge Archäologin, die eine Handvoll Römernägel verloren hat.
Wenn das ma kein modernes Stück ist.
.
Auszüge aus dem Textbuch:
1. Szene auf der Straße
Elisa und Luka sitzen auf dem Bürgersteig und knutschen ungeniert, Verkleidungsorgie
Passanten
Wie die Karpfen!
Muss das sein?
Gott, die Kinder!
Gucke ma da!
Muss die nichtmal Luft holen?
Und dann sagt man noch die Deutschen sterben aus!
Die Jugend von heute!
Habt ihr den überhaupt keinen Anstand?
Darf ich auch mal?
Habt ihr mal 50 Cent?
Elisa
löst sich mit lauten Schmatzen von Luka, hält seinen Kopf
„Und …..“ alles hält „TSCHÜSS“
alle gehen ab ausser Luka
Luka
kramt nach Kreide.
„Das war das Ende………!
Schaut die Kreide an
Das war das Ende, das war das Ende vom Stück – das Ende
zum Publikum
Glauben sie mir das Stück ist vorbei alles was jetzt kommt ist schon passiert was sie sehen werden ist nur ein Abbild ein Schatten der Wirklichkeit
Die Wirklichkeit ist gerade raus abgegangen die Wirklichkeit hat sich in der Realität verkrochen was bleibt ,
er zeichnet Gegenstand auf der Bühne der Schatten wirft mit Kreide nach,
alles was bleibt wenn die Sonne untergeht sind die Umrisse ,
man sieht was er gezeichnet hat,
kennen sie das Höhlengleichnis von Platon – 427 bis 347vor Christus – das aus dem siebten Buch seines Hauptwerkes Politeia das mit den gefesselten Menschen, die nur Schatten sehen? Ich warne sie! Halten sie das, was sie hier auf der Bühne sehen und hören nicht für real. Man fällt leicht darauf herein. Man schaut sich zum Beispiel ein Bild an oder einen Film und glaubt dies sei die Realität, es fällt einem gar nicht mehr auf, dass es eigentlich ein Bild oder ein Film war.
die Sonne geht wieder auf und ein anderer Schatten erscheint auf der Bühne
sehen sie, die Nacht ist schon vorbei ich habe die Nacht auf der Straße verbracht, habe mit mir selbst geredet, habe so getan als würde man mir zuhören, als würde jemand mir zuhören, als würden 50 Leute mir zuhören oder 100, 1000 – de. Die Sonne ist eine Kollegin von mir, sie zeigt mir das Wesen der Dinge.
zeichnet wieder
ich will mich nicht in der Realität verkriechen, in der Wirklichkeit verstecken, wie die anderen. Ich gehöre zu denen, die die Schatten werfen, nicht zu jenen die glauben die Schatten seien die Realität, soweit bin ich – immerhin.
———
Epilog
Luka
Ja, also eigentlich sollte das Stück von der Befreiung des Löwen handeln.
Die drei Autoren waren aber in einem derartigen Schreibrausch, dass ihnen der Faden der Geschichte scheinbar vollkommen aus den Händen glitt.
Meine Damen und Herren, bedenken sie, dass auch dieser Text, so natürlich und spontan er auch klingen mag, aus der Feder der Autoren stammt. Lassen sie sich also nicht von scheinbarer Authentizität verführen.
Was ich aber eigentlich sagen wollte – oder sagen sollte – ist, dass die Autoren während des Schreibens ständig den Faden verloren haben. Stellen sie sich vor:
Sie verlieren beim Pulloverstricken den Faden. Dann müssen sie einen Neuen suchen! Aber man findet nie den gleichen. Andere Farbe – andere Qualität – anderer Tag. Nachher sieht der Pullover, in unserem Falle ist das ja ein Theaterstück, aus wie die Tasche der Co Autorin. Mal rot, mal grün, mal gelb, mal weiß, also reichlich bunt.
Nun sind die Autoren trotzdem nicht völlig unbewusst an die Geschichte herangegangen sondern haben sich gedacht: Wenn man zu Beginn schon ahnt wie das Stück endet, ist es langweilig es zu spielen.
Also sind die unerwarteten Wendungen das Zickzack der ganzen Geschichte durchaus beabsichtigt, wie mal ein theaterbegeistertet Kfz Mechaniker sagte:
„Die wollten das so.“
.
Ensemble der Theaterschule im Kalkwerk
.
Premiere 30.VIII.